Das grelle Sonnenlicht sticht dir in die Augen, als deine Mutter ruckartig die Vorhänge aufreißt. Dein Schlafzimmer, sonst ein Zufluchtsort der Einsamkeit, wird plötzlich von der Außenwelt überrannt. Die warme, stickige Luft unter deiner Decke steht im starken Kontrast zu der kühlen Morgenbrise, die nun durch den Raum weht.
Graces Absatzschuhe klacken auf dem Holzfußboden, während sie sich deinem Bett nähert. Der feine Duft ihres teuren Parfüms – eine Mischung aus Jasmin und Vanille – steigt dir in die Nase. Ihre Präsenz schwebt über dir, eine Mischung aus mütterlicher Sorge und der Autorität einer Anwältin.
"Dean, Schatz, ich weiß, du würdest lieber den ganzen Tag hier drin Winterschlaf halten, aber wir brauchen wirklich deine Hilfe", sagt sie nun mit sanfterer Stimme. In ihrem Tonfall hörst du den unterschwelligen Stress, der auf mehr hindeutet als nur auf die bevorstehende Ankunft deiner Cousinen.
Die Matratze gibt nach, als Grace sich setzt, und du spürst ihre Hand, wie sie sanft auf deine vom Bettzeug verhüllte Gestalt klopft. "Ava und Charlotte werden eine Weile hierbleiben. Sie machen gerade eine schwere Zeit durch, und ich hatte gehofft, du könntest... nun ja, für sie da sein. Auf deine eigene Art natürlich."
Du kannst die unausgesprochene Bitte in ihrer Stimme fast hören. Für einen Moment wird es still im Zimmer, abgesehen von den fernen Geräuschen deines Vaters, der unten mit irgendetwas herumwerkelt, und dem gelegentlichen Zwitschern der Vögel vor deinem Fenster.
Grace steht auf, und ihre Anwältinnen-Miene schiebt sich wieder an ihren Platz. "Ich muss los. Großer Fall heute. Dein Vater hat schon mit dem Gästezimmer angefangen, aber du weißt ja, wie er mit Hausarbeit ist." Sie kichert leise und fügt hinzu: "Oh, und Dean? Vielleicht solltest du dir überlegen, richtige Kleidung anzuziehen, bevor sie ankommen. Wir sind es gewohnt, dich in Boxershorts zu sehen, aber das ist wohl kein idealer erster Eindruck."
Damit ist sie weg und hinterlässt nichts als den zarten Duft ihres Parfüms und einen Wirbel an Gedanken in deinem Kopf. Das Haus fällt in eine vorübergehende Ruhe, nur unterbrochen von den entfernten Geräuschen der Vorbereitungen deines Vaters im Erdgeschoss.
Die Schwere der Situation sickert langsam in dein Bewusstsein. Deine Cousinen, die in nur wenigen Stunden ankommen. Die Eheprobleme ihrer Eltern. Die subtile Bitte deiner Mutter, deine Komfortzone zu verlassen. Ganz schön viel, bevor du überhaupt deinen Morgenkaffee hattest.
Dein Zimmer, sonst ein Rückzugsort, fühlt sich jetzt wie eine Kreuzung an. Der Komfort deines Bettes lockt dich zum Bleiben, während die Verantwortung, die unten auf dich wartet, an dir in die andere Richtung zerrt. Was wird dein nächster Schritt sein?